Forsch!-Podcast: Schmutzige Bäder in Rom – Social Distancing in Athen
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Forsch!-Podcast: Schmutzige Bäder in Rom – Social Distancing in Athen
In der dritten Folge von „Forsch!- Wissenschaft im Interview“ sprechen BZ-Reporter Andreas Eberhard und Laura Franz (ForschungRegion Braunschweig) mit der Althistorikerin Dr. Bernadette Descharmes von der Technischen Universität Braunschweig. Die Forscherin berichtet über Sauberkeit in den berühmten römischen Bädern, darüber, welche Sexualpraktiken in der Antike als schmutzig galten und wie die Menschen im alten Griechenland mit Seuchen umgingen.
Reinheit und Unreinheit in der Antike
Wie fühlten und dachten die Menschen im antiken Rom, insbesondere in Bezug auf die Unreinheit? Reinheit und Unreinheit sind Themen, die viele Menschen berühren. Es ist ein menschlicher und persönlicher Aspekt. “Die Menschen der Vergangenheit, das ist eine persönliche Liebe, die sich über sehr, sehr viele Jahre in meinem Leben entwickelt hat”, so 43-jährige Historikerin Descharmes. Auf das Thema Unreinheit kam sie über die Emotionengeschichte des Ekels und die Frage, welche Funktion der Ekel in der Gesellschaft hat.
Drei Ebenen der Unreinheit
Drei Ebenen lassen sich bei der Unreinheit unterscheiden: Die materielle, moralische und soziale Unreinheit. Diese Ebenen dienen vor allem als methodisches Werkzeug. Die Grenzen sind jedoch häufig fließend. Materielle Unreinheit meint die tatsächlichen Substanzen, den gegenständlichen Schmutz, der z.B. im Badewasser war. Die Römer rieben sich vor dem Bad mit Ölen und Salben ein und hinterließen so einen dicken Film aus Schmutz und Fett. Das war damals jedoch kein Problem, denn: “Wasser wurde als Stoff angesehen, der immer sauber macht, egal wie schmutzig er tatsächlich war.”
Anders als der gegenständliche Schmutz bezeichnet die moralische Unreinheit moralisches Fehlverhalten und welche Handlungen und Verhaltensweisen als unmoralisch gekennzeichnet wurden. Dies war z.B. der Oralverkehr. Der Mund eines Römers, der sich dieser Sexualpraktik hingab, wurde als unrein angesehen und seinen Küssen ausgewichen.
Bei der sozialen Unreinheit hingegen geht es vorallem darum, gesellschaftliche Gruppen auszumachen, die von der Beschimpfung “unrein” besonders betroffen sind. Im alten Rom waren dies vor allem die Freigelassenen, also ehemalige Sklaven, die Armen, die Masse der einfachen Bürgerschaft oder Prostituierte.
Damals und Heute
Das Reinlichkeitsempfinden ist heute natürlich ein anderes als im Antiken Rom. Doch auch heute spielt die Vorstellung von Unreinheit eine Rolle. Wie die Römer benutzen wir Worte wie “Schmutz” oder “Dreck”, um etwas abzuwerten oder als moralisch falsch zu kennzeichnen, z.B. im Rahmen der politischen Agitation. So nutzte Donald Trump während eines Fernsehduells den Toilettengang seiner Kontrahentin Hillary Clinton als emotionales Mittel der Abwertung, indem er sie mehrfach als “disgusting”, also “eklig”, bezeichnete.
Social Distancing in Athen
Von den Themen Unreinheit und Hygiene ist es nur ein kleiner Schritt zu den tagesaktuellen Themen Infektionsschutz und Pandemie. Descharmes nahm die Corona-Pandemie zum Anlass, sich in ihren Lehrveranstaltungen an der TU Braunschweig mit den Seuchen der Antike zu befassen. Es überrascht nicht, dass ihr Angebot auf großes Interesse bei den Studierenden stieß. Gemeinsam fanden sie heraus, dass es schon in der Antike ein gewisses Verständnis für Ansteckungsrisiken gab. Daher waren auch schon Formen des Social Distancing bekannt und ebenso gab es bereits das Wissen über eine Immunität nach überstandener Krankheit.
Was die Römer außerdem alles als “schmutzig” empfanden, wie die antiken Dichter und Geschichtsschreiber Seuchen deuteten und wie Dr. Bernadette Descharmes mit dem digitalen Lehren in Zeiten von Corona umgeht, erfahren Sie in dieser dritten Folge von “Forsch”.
Der Podcast “Forsch! – Wissenschaft im Interview” ist eine Kooperation der ForschungRegion Braunschweig mit der Braunschweiger Zeitung. Die Moderator*innen Laura Franz (ForschungRegion Braunschweig) und Andreas Eberhard (Braunschweiger Zeitung) sprechen mit Akteur*innen der Region über ihre Forschung, ihre Person – und über aktuelle gesellschaftliche, politische und ethische Fragen und Debatten.
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